Die EU hat in den vergangenen zwei Jahren ein umfassendes Paket neuer Steuerrichtlinien verabschiedet, das die internationale Steuerplanung grundlegend verändert. Für deutsche Unternehmer, die eine Verlagerung nach Zypern planen oder bereits eine zypriotische Struktur betreiben, ergeben sich erhebliche Auswirkungen.
Die wichtigsten Neuerungen betreffen drei zentrale Bereiche: die Einführung einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent durch Pillar Two der OECD, verschärfte Anti-Missbrauchsregeln durch ATAD III und erweiterte Meldepflichten über die DAC-Richtlinien 7 und 8.
Diese Reformen zielen darauf ab, aggressive Steuerplanung einzudämmen und mehr Transparenz im internationalen Steuerrecht zu schaffen. Gleichzeitig bleibt Zypern als EU-Mitgliedstaat mit seinem 12,5-prozentigen Körperschaftsteuersatz und dem Non-Dom-Status für viele Unternehmer attraktiv.
Der entscheidende Punkt: Nicht alle bisherigen Zypern-Strategien funktionieren unter den neuen Regeln noch gleich gut. Wer bereits eine Struktur aufgebaut hat oder den Umzug plant, sollte diese gründlich auf Konformität mit den neuen Vorschriften prüfen.
Die gute Nachricht dabei: Zypern hat proaktiv seine Gesetzgebung angepasst und bietet weiterhin erhebliche Steuervorteile. Die Herausforderung liegt darin, diese Vorteile nun regelkonform zu nutzen.
Besonders relevant wird dies für Unternehmer mit einem Jahresumsatz über 750 Millionen Euro, die direkt von der Mindeststeuer betroffen sind. Aber auch kleinere Unternehmen spüren die Auswirkungen durch verschärfte Substanzanforderungen und erweiterte Dokumentationspflichten.
In diesem Artikel analysieren wir systematisch, welche konkreten Änderungen auf Sie zukommen und wie Sie Ihre Zypern-Strategie entsprechend anpassen können.
Die wichtigsten EU-Steuerreformen 2024/2025
Pillar Two: Die globale Mindeststeuer von 15%
Die wohl bedeutsamste Neuerung ist die Umsetzung von Pillar Two der OECD in europäisches Recht. Diese globale Mindeststeuer von 15 Prozent gilt ab 2024 für multinationale Konzerne mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro.
Die Regelung funktioniert nach dem Prinzip der Nachversteuerung: Zahlt eine Tochtergesellschaft in einem Land weniger als 15 Prozent effektive Steuern, kann das Mutterland die Differenz nacherheben. Für Zypern bedeutet dies konkret: Der nominale Körperschaftsteuersatz von 12,5 Prozent liegt unter der Mindestgrenze.
Entscheidend ist jedoch die effektive Steuerbelastung, die durch verschiedene Abzüge und Regelungen beeinflusst wird. Zypern hat bereits Anpassungen vorgenommen, um sicherzustellen, dass Unternehmen die 15-Prozent-Schwelle erreichen können.
Die EU-Richtlinie zur Mindeststeuer ist in der Richtlinie (EU) 2022/2523 vom 14. Dezember 2022 verankert und musste bis zum 31. Dezember 2023 in nationales Recht umgesetzt werden.
Für kleinere Unternehmen unter der 750-Millionen-Schwelle gelten diese Regeln zunächst nicht direkt. Allerdings können sie indirekt betroffen sein, wenn sie Teil einer größeren Unternehmensgruppe werden oder als Zulieferer für betroffene Konzerne tätig sind.
ATAD III: Verschärfte Anti-Missbrauchsregeln
Die Anti-Tax Avoidance Directive III erweitert die bestehenden Anti-Missbrauchsregeln erheblich. Im Fokus stehen hybride Gestaltungen, die Unterschiede zwischen nationalen Steuersystemen ausnutzen.
ATAD III definiert klarer, wann eine Geschäftstätigkeit als substanziell gilt. Für Zypern-Strukturen bedeutet dies konkret: Briefkastenfirmen ohne echte wirtschaftliche Tätigkeit vor Ort werden stärker hinterfragt.
Die neuen Substanzanforderungen umfassen mehrere Dimensionen. Erstens müssen Unternehmen nachweisen, dass wichtige Geschäftsentscheidungen tatsächlich in Zypern getroffen werden. Zweitens sind lokale Mitarbeiter mit entsprechenden Qualifikationen erforderlich. Drittens müssen die Büroräume angemessen für die Geschäftstätigkeit sein.
Besonders relevant ist die sogenannte substance carve-out Regelung: Unternehmen können einen bestimmten Prozentsatz ihrer Gewinne von den verschärften Regeln ausnehmen, wenn sie nachweisen, dass diese auf echter Substanz basieren.
Die praktische Umsetzung erfolgt über erweiterte Dokumentationspflichten. Unternehmen müssen detaillierter belegen, wo Wertschöpfung stattfindet und wie Geschäftsentscheidungen getroffen werden.
DAC 7 & 8: Erweiterte Transparenzpflichten
Die Directive on Administrative Cooperation wurde durch DAC 7 und DAC 8 erheblich erweitert. Diese Richtlinien verpflichten EU-Mitgliedstaaten zu einem noch umfassenderen automatischen Informationsaustausch.
DAC 7 erfasst digitale Plattformen und deren Nutzer. Wer über Plattformen wie Amazon, Airbnb oder andere digitale Marktplätze Einkünfte erzielt, wird automatisch an die Steuerbehörden des Wohnsitzlandes gemeldet.
DAC 8 geht noch weiter und erfasst auch Kryptowährungen und digitale Assets. Anbieter von Krypto-Dienstleistungen müssen Transaktionen ihrer Kunden melden, einschließlich der Identität der Halter und der Höhe der Bestände.
Für Unternehmer mit Zypern-Strukturen bedeutet dies: Die Zeiten, in denen Einkünfte unbemerkt blieben, sind endgültig vorbei. Die deutschen Finanzbehörden erhalten automatisch Informationen über Geschäftstätigkeiten und Einkünfte in Zypern.
Die Meldepflichten gelten ab verschiedenen Schwellenwerten. Für die meisten digitalen Dienstleistungen liegt die Grenze bei 2.000 Euro jährlich. Bei Immobilienvermietung oder Verkäufen sind es 2.500 Euro.
Die erste Meldung unter DAC 7 erfolgte bereits 2024 für das Steuerjahr 2023. DAC 8 wird schrittweise ab 2025 eingeführt.
Auswirkungen auf Zypern als Steuerstandort
Non-Dom-Status: Was bleibt bestehen?
Der Non-Dom-Status bleibt grundsätzlich eine der wichtigsten Säulen der zypriotischen Steuerattraktivität. Personen, die nicht in Zypern geboren wurden, können bis zu 17 Jahre lang von der Besteuerung auf Dividenden, Zinsen und andere passive Einkünfte befreit bleiben.
Die neuen EU-Regelungen haben diesen Status nicht direkt angegriffen. Allerdings gelten verschärfte Nachweis- und Dokumentationspflichten. Wer den Non-Dom-Status in Anspruch nehmen möchte, muss klarer belegen, dass der Lebensmittelpunkt tatsächlich in Zypern liegt.
Konkret bedeutet dies: Sie müssen mindestens 183 Tage pro Jahr in Zypern verbringen und dies lückenlos dokumentieren. Ein zypriotischer Wohnsitz allein reicht nicht mehr aus. Die Behörden prüfen genauer, wo sich das tatsächliche Zentrum der Lebensinteressen befindet.
Zusätzlich müssen Non-Dom-Statusinhaber nachweisen, dass sie ihre ausländischen Einkünfte nicht nach Zypern transferieren. Diese Nicht-Transfer-Regel wird strenger überwacht, und Verstöße können zur Nachversteuerung führen.
Für deutsche Unternehmer bleibt der Non-Dom-Status dennoch attraktiv, insbesondere für passive Einkünfte aus Kapitalanlagen oder Lizenzgebühren. Die Herausforderung liegt in der korrekten Strukturierung und Dokumentation.
Eine wichtige Neuerung: Die zypriotischen Behörden haben klargestellt, dass auch unter Non-Dom-Status gewisse lokale Steuern anfallen können, etwa auf Immobilienerträge oder bestimmte Geschäftstätigkeiten in Zypern.
Verschärfte Substanzanforderungen
Zypern hat seine Substanzanforderungen proaktiv verschärft, um den neuen EU-Vorgaben zu entsprechen. Für Unternehmen mit einer zypriotischen Gesellschaft gelten nun detailliertere Nachweispflichten für wirtschaftliche Substanz.
Die wichtigsten Substanzkriterien umfassen vier Kernbereiche. Erstens: Qualifizierte Mitarbeiter vor Ort. Unternehmen müssen nachweisen, dass sie Angestellte mit entsprechenden Qualifikationen in Zypern beschäftigen. Für eine typische Beratungsgesellschaft bedeutet dies mindestens einen Vollzeitmitarbeiter mit relevanter Ausbildung.
Zweitens: Angemessene Büroräume. Die Geschäftsräume müssen der Art und dem Umfang der Geschäftstätigkeit entsprechen. Ein virtuelles Büro oder eine reine Postadresse reichen nicht mehr aus.
Drittens: Lokale Geschäftsführung. Wichtige Unternehmensentscheidungen müssen nachweislich in Zypern getroffen werden. Dies erfordert regelmäßige Vorstandssitzungen und eine dokumentierte Entscheidungsfindung vor Ort.
Viertens: Operative Tätigkeit. Das Unternehmen muss tatsächlich geschäftliche Aktivitäten in Zypern durchführen, nicht nur administrative Funktionen.
Die zypriotischen Behörden haben für verschiedene Geschäftsmodelle spezifische Leitlinien entwickelt. Für IP-Holding-Gesellschaften gelten andere Standards als für operative Dienstleistungsunternehmen.
Interessant für deutsche Unternehmer: Zypern anerkennt auch substance light Strukturen, solange die Gewinne in angemessenem Verhältnis zur lokalen Substanz stehen. Es hat sich in der Praxis etabliert, dass ein Großteil der Gewinne durch lokale Substanz gerechtfertigt sein sollte.
IP-Box-Regime unter neuen Regeln
Das zypriotische IP-Box-Regime ermöglicht eine Besteuerung von Lizenzgebühren und anderen IP-Erträgen mit nur 2,5 Prozent. Dieses Regime bleibt auch unter den neuen EU-Regeln bestehen, wurde aber an die OECD-Vorgaben angepasst.
Die wichtigste Änderung betrifft die Nexus-Regel: Nur noch IP-Rechte, die durch eigene Forschung und Entwicklung entstanden sind, qualifizieren sich für das IP-Box-Regime. Zugekaufte Patente oder Markenrechte sind weitgehend ausgeschlossen.
Für Software-Unternehmer bedeutet dies: Eigenentwickelte Software und daraus resultierende Lizenzgebühren können weiterhin von dem 2,5-Prozent-Steuersatz profitieren. Voraussetzung ist der Nachweis, dass die Entwicklung tatsächlich in Zypern stattgefunden hat.
Die Dokumentationsanforderungen wurden erheblich erweitert. Unternehmen müssen detailliert belegen, welche Entwicklungskosten wo angefallen sind und wie die resultierenden IP-Rechte entstanden sind. Ein reiner Transfer bestehender IP-Rechte nach Zypern reicht nicht mehr aus.
Zusätzlich gilt eine Übergangsregelung für bestehende IP-Strukturen. Wer bereits vor 2024 eine IP-Box-Struktur aufgebaut hat, kann diese noch bis 2030 unter den alten Regeln nutzen, muss dann aber auf die neuen Vorgaben umstellen.
Praktisch relevant: Die Kombination aus IP-Box-Regime und Non-Dom-Status kann zu einer Gesamtsteuerbelastung von unter 5 Prozent auf IP-Erträge führen, allerdings nur bei strikter Einhaltung aller Substanz- und Nexus-Anforderungen.
Praktische Auswirkungen für deutsche Unternehmer
Bestehende Zypern-Strukturen anpassen
Wenn Sie bereits eine zypriotische Gesellschaft betreiben, sollten Sie diese schnellstmöglich auf Konformität mit den neuen Regeln prüfen. Die meisten bestehenden Strukturen benötigen Anpassungen, um weiterhin steueroptimal zu funktionieren.
Der erste Prüfschritt betrifft die Substanzanforderungen. Dokumentieren Sie detailliert, welche geschäftlichen Aktivitäten tatsächlich in Zypern stattfinden. Eine reine Briefkastengesellschaft wird unter den neuen Regeln problematisch.
Besonders kritisch sind Management and Control Fragen. Deutsche Finanzbehörden prüfen verstärkt, wo wichtige Unternehmensentscheidungen getroffen werden. Wenn Sie als deutscher Geschäftsführer alle wesentlichen Entscheidungen von Deutschland aus treffen, riskieren Sie eine deutsche Steuerpflicht der gesamten Gesellschaft.
Die Lösung liegt in einer echten Verlagerung von Führungsaufgaben nach Zypern. Dies erfordert regelmäßige Aufenthalte vor Ort und eine dokumentierte Entscheidungsfindung in Zypern. Viele Unternehmer unterschätzen den organisatorischen Aufwand dieser Umstellung.
Compliance-technisch müssen bestehende Strukturen ihre Dokumentation erheblich erweitern. Die neuen DAC-Meldepflichten erfordern eine lückenlose Aufzeichnung aller grenzüberschreitenden Transaktionen und Geschäftstätigkeiten.
Ein konkretes Beispiel: Ein Online-Marketing-Berater mit zypriotischer Gesellschaft muss nachweisen können, dass Kundenakquise, Projektplanung oder strategische Entscheidungen in Zypern erfolgen. Reine Rechnungsstellung aus Zypern reicht nicht mehr aus.
Die gute Nachricht: Zypern bietet verschiedene Anpassungsmöglichkeiten. Viele Strukturen lassen sich mit begrenztem Aufwand regelkonform gestalten, wenn die Anpassungen rechtzeitig und systematisch erfolgen.
Neue Planungen: Wichtige Faktoren
Wer aktuell eine Verlagerung nach Zypern plant, sollte von Anfang an die neuen Anforderungen berücksichtigen. Dies erfordert eine andere Herangehensweise als noch vor zwei Jahren.
Der Planungshorizont hat sich verlängert. Während früher ein Umzug nach Zypern binnen weniger Monate realisierbar war, benötigen Sie heute mindestens 6-12 Monate für eine solide Vorbereitung. Dies liegt an den erweiterten Substanz- und Dokumentationsanforderungen.
Kostenseitig müssen Sie höhere Ausgaben einkalkulieren. Die notwendige lokale Präsenz, qualifizierte Mitarbeiter und erweiterte Compliance-Anforderungen erhöhen die jährlichen Betriebskosten einer zypriotischen Struktur um etwa 15.000 bis 25.000 Euro gegenüber früheren Minimalstrukturen.
Besonders wichtig: Planen Sie Ihre persönliche Präsenz realistisch. Für den Non-Dom-Status und die Substanzanforderungen müssen Sie mindestens 183 Tage pro Jahr in Zypern verbringen. Dies erfordert eine grundlegende Anpassung Ihres Lebensstils und Ihrer Geschäftstätigkeit.
Die Wahl der Rechtsform gewinnt an Bedeutung. Eine einfache Limited Company reicht für komplexere Strukturen oft nicht mehr aus. Je nach Geschäftsmodell können andere Gesellschaftsformen oder hybride Strukturen vorteilhafter sein.
Timing-strategisch ist zu beachten: Die Übergangsfristen für verschiedene Regelungen laufen unterschiedlich ab. Wer bis Ende 2025 umzieht, kann noch von gewissen Übergangsregelungen profitieren. Ab 2026 gelten die neuen Regeln vollumfänglich.
Ein entscheidender Erfolgsfaktor: Investieren Sie von Beginn an in qualifizierte lokale Beratung. Die Komplexität der neuen Regelungen macht eine professionelle Begleitung unerlässlich. Eigenständige Versuche enden häufig in kostspieligen Fehlern.
Strategische Anpassungen und Handlungsoptionen
Hybride Steuerstrukturen entwickeln
Die neuen EU-Regelungen machen reine Steueroptimierung schwieriger, eröffnen aber Möglichkeiten für intelligente hybride Ansätze. Statt einer reinen Verlagerung nach Zypern können Sie verschiedene EU-Standorte strategisch kombinieren.
Ein bewährtes Modell: Die operative Gesellschaft in Zypern für Geschäfte mit internationalen Kunden, kombiniert mit einer deutschen Holding für EU-Geschäfte. Dies nutzt die Vorteile beider Steuersysteme und erfüllt gleichzeitig die Substanzanforderungen.
Besonders interessant für digitale Geschäftsmodelle: Eine IP-Holding in Zypern für die Verwertung geistiger Eigentumsrechte, während die operative Tätigkeit teilweise in Deutschland oder anderen EU-Ländern stattfindet. Die Lizenzgebühren fließen steueroptimiert nach Zypern, während die operative Tätigkeit dort stattfindet, wo sie am effizientesten durchgeführt werden kann.
Für größere Unternehmen bieten sich mehrstufige Strukturen an. Eine luxemburgische Holding kann als Zwischenebene fungieren, um Doppelbesteuerungsabkommen optimal zu nutzen. Die operative Gesellschaft in Zypern führt das Tagesgeschäft durch, während strategische Entscheidungen und Finanzierungen über die luxemburgische Ebene laufen.
Wichtig bei hybriden Strukturen: Jede Gesellschaft muss echte wirtschaftliche Substanz haben. Leere Briefkastenebenen werden von den Finanzbehörden durchschaut und können die gesamte Struktur gefährden.
Ein praktisches Beispiel: Ein Software-Entwickler könnte sein Entwicklungsteam in Zypern aufbauen (IP-Box-Vorteile), das Marketing in Deutschland belassen (lokale Marktkenntnis) und die Finanzierung über eine niederländische Holding strukturieren (Withholding Tax-Vorteile).
Optimales Timing für Umzugspläne
Das Timing Ihrer Zypern-Verlagerung wird unter den neuen Regeln entscheidender. Verschiedene Übergangsfristen und sich ändernde Anforderungen schaffen sowohl Chancen als auch Risiken.
Kurzfristig (bis Ende 2025) profitieren Sie noch von gewissen Übergangsregelungen. Bestehende IP-Strukturen können unter den alten Regeln weiterlaufen, und die Substanzanforderungen werden noch nicht vollständig durchgesetzt. Dies schafft ein Zeitfenster für eine schrittweise Verlagerung.
Mittelfristig (2026-2027) verschärfen sich die Anforderungen deutlich. Wer bis dahin keine regelkonforme Struktur aufgebaut hat, muss mit erheblich höherem Aufwand und Kosten rechnen. Gleichzeitig stabilisieren sich die neuen Regeln, was Planungssicherheit schafft.
Langfristig (ab 2028) werden weitere Verschärfungen erwartet. Die EU arbeitet bereits an zusätzlichen Anti-Missbrauchsregeln, und die OECD entwickelt Pillar Two weiter. Wer dann noch nicht etabliert ist, findet schwierigere Bedingungen vor.
Saisonal gesehen eignet sich der Herbst am besten für eine Verlagerung. Dies ermöglicht eine vollständige Steuerperiode in Zypern ab dem Folgejahr und nutzt die ruhigere Geschäftszeit für den Aufbau der lokalen Struktur.
Besonders zu beachten: Die deutsche Wegzugsbesteuerung nach § 6 AO kann bei größeren stillen Reserven erhebliche Kosten verursachen. Eine frühzeitige Planung kann diese Belastung minimieren oder zeitlich strecken.
Für Unternehmer mit schwankenden Einkünften empfiehlt sich ein gestaffelter Umzug: Zunächst die Holding-Struktur nach Zypern verlagern, dann schrittweise operative Tätigkeiten folgen lassen. Dies reduziert Risiken und ermöglicht eine flexible Anpassung an sich ändernde Umstände.
Praxisleitfaden: Ihre nächsten Schritte
Beginnen Sie mit einer systematischen Analyse Ihrer aktuellen Situation. Dokumentieren Sie alle bestehenden grenzüberschreitenden Strukturen und prüfen Sie diese auf Konformität mit den neuen EU-Regelungen.
Der erste Schritt umfasst eine Substanzprüfung. Listen Sie detailliert auf, welche Geschäftstätigkeiten wo stattfinden und wer welche Entscheidungen trifft. Diese Bestandsaufnahme bildet die Grundlage für alle weiteren Planungen.
Parallel dazu sollten Sie Ihre persönlichen Lebensumstände prüfen. Können und wollen Sie mindestens 183 Tage pro Jahr in Zypern verbringen? Lässt Ihr Geschäftsmodell eine teilweise Verlagerung nach Zypern zu? Diese grundsätzlichen Fragen entscheiden über die Machbarkeit einer Zypern-Strategie.
Holen Sie sich frühzeitig professionelle Beratung. Die Komplexität der neuen Regelungen macht eine qualifizierte Begleitung unerlässlich. Suchen Sie Berater, die sowohl deutsches als auch zypriotisches Steuerrecht beherrschen und Erfahrung mit internationalen Strukturen haben.
Für die praktische Umsetzung empfiehlt sich ein gestaffelter Ansatz. Beginnen Sie mit einer ersten Substanzbewertung und einer groben Kosteneinschätzung. Entwickeln Sie dann schrittweise eine detaillierte Verlagerungsstrategie.
Wichtig: Starten Sie die Planung mindestens 12 Monate vor dem geplanten Umzug. Die neuen Anforderungen erfordern eine gründliche Vorbereitung, und Schnellschüsse führen häufig zu kostspieligen Fehlern.
Budgetieren Sie realistische Kosten. Eine professionelle Zypern-Struktur kostet heute zwischen 25.000 und 50.000 Euro jährlich, abhängig von Komplexität und Substanzanforderungen. Diese Investition amortisiert sich erst ab einem gewissen Einkommensniveau.
Fazit und Ausblick
Die neuen EU-Steuerregeln verändern die Rahmenbedingungen für Zypern-Strategien erheblich, machen sie aber nicht obsolet. Zypern bleibt ein attraktiver Steuerstandort für deutsche Unternehmer – allerdings unter verschärften Bedingungen.
Die wichtigste Erkenntnis: Oberflächliche Gestaltungen funktionieren nicht mehr. Wer von den zypriotischen Steuervorteilen profitieren möchte, muss echte wirtschaftliche Substanz aufbauen und seine Lebens- und Geschäftstätigkeit tatsächlich teilweise nach Zypern verlagern.
Diese höheren Anforderungen bringen aber auch Vorteile: Regelkonforme Strukturen sind rechtssicherer und werden von deutschen Finanzbehörden weniger hinterfragt. Die Investition in eine professionelle Struktur zahlt sich langfristig durch höhere Planungssicherheit aus.
Für die kommenden Jahre erwarten wir eine weitere Konsolidierung der Regelungen. Die EU wird die Umsetzung der neuen Richtlinien überwachen und gegebenenfalls nachschärfen. Gleichzeitig werden sich bewährte Praktiken herausbilden, die regelkonforme Gestaltungen vereinfachen.
Unser Rat: Nutzen Sie die aktuellen Übergangsfristen für eine gründliche Planung. Die nächsten zwei Jahre bieten noch Gestaltungsspielräume, die sich später nicht mehr eröffnen werden. Wer jetzt eine solide, regelkonforme Struktur aufbaut, profitiert langfristig von den anhaltenden Steuervorteilen Zyperns.